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Das Vermächtnis eines großen Sohnes Blankenburgs
Ein Beitrag von Christoph Georg Rohrbach
Zum 100. Todestag von Robert Koldewey: Das Vermächtnis eines großen Sohnes Blankenburgs
Am 4. Februar 2025 jährt sich der Todestag von Robert Koldewey zum hundertsten Mal. Der in Blankenburg (Harz) geborene Archäologe und Bauforscher hat mit seinen bahnbrechenden Entdeckungen in Babylon die moderne Archäologie nachhaltig geprägt. Doch nicht nur seine wissenschaftlichen Errungenschaften, sondern auch seine enge Verbindung zu seiner Geburtsstadt Blankenburg verdienen besondere Beachtung.
Robert Koldewey wurde am 10. September 1855 in Blankenburg geboren. Heute erinnert eine Gedenktafel am Wohnhaus an der Ecke Lange Straße und Poststraße an seine Geburt. Sein Vater, Hermann Koldewey, war Steueraufseher und stammte aus Schöppenstedt, einer weiteren Stadt im damaligen Herzogtum Braunschweig. Seine Mutter, Johanne Dorothee Henriette, genannt Doris, war gebürtig aus Blankenburg. Mütterlicherseits hatte Koldewey seine familiären Wurzeln in unserer Harzstadt: Sein Großvater, Heinrich Kupfer, arbeitete dort als Schlossermeister und Eichmeister, zuständig für die Kontrolle von Maßen und Gewichten. Das spätere handwerkliche Geschick wurde ihm somit gewissermaßen in die Wiege gelegt. Die Ehefrau des Großvaters trug den Nachnamen Damköhler, ein Name, der in Blankenburg und Umgebung bis heute verbreitet ist. Die junge Familie zog jedoch bald nach Braunschweig.
Koldeweys Karriere als Archäologe begann nach dem Abitur mit einer Lehre im Baugewerbe und dem Studium der Archäologie, Architektur und Kunstgeschichte. Eine Vielzahl von Forschungsreisen und Ausgrabungen prägten seinen Werdegang, darunter auf der Insel Lesbos, in der aramäischen Stadt Sam’al in der heutigen Türkei oder am Kap Arkona auf Rügen. Seine bedeutendsten Entdeckungen machte er jedoch in Mesopotamien, wo er ab 1898 die Ausgrabungen in Babylon, der biblischen Stadt „Babel“, leitete. Dort entdeckte er unter anderem die Prozessionsstraße mit dem Ischtar-Tor, das heute im Pergamonmuseum in Berlin ausgestellt wird. Diese Funde machten ihn zu einem der Begründer der modernen archäologischen Bauforschung. Neben diesen berühmten Entdeckungen trug Koldewey auch zur Erforschung anderer bedeutender Stätten bei. In Assur, einer der ältesten Städte Mesopotamiens, leitete er ab 1903 Ausgrabungen, die wichtige Einblicke in die assyrische Kultur und Architektur lieferten. Seine Arbeiten zeugen von seinem unermüdlichen Forscherdrang, in dem er seinem Onkel, dem Polarforscher Carl Koldewey, nacheiferte. Koldewey arbeitete im Dienste der Deutschen Orient-Gesellschaft, die insbesondere in den „biblischen“ Landstrichen aktiv war und damit im Zeitalter des Imperialismus auch in Konkurrenz zu englischen und französischen Forschungsprojekten stand.
Die Verbindung zu seiner Geburtsstadt wird heute durch die Robert-Koldewey-Straße im Regenstein-Wohngebiet geehrt, die 1991 nach einem Stadtratsbeschluss vom 19. Dezember 1990 umbenannt wurde. In Blankenburg wird Koldeweys Erbe nicht nur durch die nach ihm benannte Straße gewürdigt. 2008/2009 fand im Museum „Kleines Schloss“ eine Ausstellung mit dem Titel „Von Blankenburg nach Babylon“ statt, die in Zusammenarbeit mit dem Pergamonmuseum in Berlin organisiert wurde. Diese Ausstellung bot den Blankenburgern und Besuchern der Stadt die Möglichkeit, das Forscherleben Koldeweys anhand von Bildern und Dokumenten nachzuvollziehen. Auch in der Literatur findet Koldeweys Leben und Werk Beachtung. Der Roman „Babel“ der gebürtigen Blankenburgerin Kenah Cusanit, veröffentlicht 2019, greift seine Entdeckungen und die Faszination für die antike Stadt Babylon auf. Der vielfach ausgezeichnete Roman bringt Koldeweys Arbeit und seine Persönlichkeit einem breiteren Publikum näher und unterstreicht die anhaltende Relevanz seiner Entdeckungen.
Robert Koldewey starb nach dreijähriger Krankheit in Berlin, wo ihm auf dem Parkfriedhof Lichterfelde ein Ehrengrab gewidmet ist. Sein Vermächtnis lebt weiter, sowohl in der Welt der Archäologie als auch in seiner Heimatstadt Blankenburg.